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II – Die Hohepriesterin

Die Hohepriesterin steht für Intuition, Geheimnisse und verborgenes Wissen. Sie repräsentiert das unbewusste Potenzial und die Fähigkeit, hinter die Oberfläche zu blicken, um tieferliegende Wahrheiten zu erkennen. Diese Karte fordert dazu auf, die Weisheit des Inneren zu suchen, geduldig zu sein und sich auf das Unsichtbare zu konzentrieren.

Klassische Darstellung:

In den meisten Darstellungen der Waite-Smith Tarotkarten sitzt die Hohepriesterin zwischen zwei Säulen, die mit „B“ (Boas) und „J“ (Jachin) gekennzeichnet sind, symbolisch für das Säulenpaar des Salomonischen Tempels (siehe den Exkurs unten). Diese Säulen repräsentieren die Dualität des Lebens: Schwarz und Weiß, Tag und Nacht, männlich und weiblich. Sie sitzt aufrecht auf einem Thron, gekleidet in eine lange, fließende Robe, oft in Weiß oder Blau, Farben der Reinheit und des Geistes. Hinter ihr hängt ein Schleier, der mit Granatäpfeln und Palmen geschmückt ist, Symbole für Fruchtbarkeit und Mysterien. Auf ihrem Schoß ruht die Tora, die Schriftrolle des heiligen Wissens, ein Zeichen für ihre Rolle als Hüterin verborgener Geheimnisse.

Ein sichelförmiger Mond zu ihren Füßen symbolisiert die Verbindung zu den Zyklen und Rhythmen des Mondes sowie zu weiblicher Energie und Intuition.

Deutungen:

  • Waite-Smith-Deck: In diesem System steht die Hohepriesterin für das innere Wissen und die Intuition. Sie wird als Brücke zwischen dem Bewussten und dem Unbewussten gesehen und ermutigt, sich mit den tieferliegenden Aspekten des Selbst zu verbinden. Die Karte deutet darauf hin, dass Antworten nicht im Außen zu finden sind, sondern durch Selbstreflexion, Träume und Meditation hervorgebracht werden. Sie weist auf den Wert der Geduld und des Wartens hin, bevor man aktiv handelt.
  • Crowley-Harris-Deck (Thoth Tarot): Crowleys Hohepriesterin wird mit dem Pfad der Mondgöttin und dem Prinzip der Jungfräulichkeit in Verbindung gebracht. Sie ist das Prinzip des weiblichen Mysteriums und der psychischen Kraft, die die tiefe Weisheit des Unterbewusstseins repräsentiert. Crowley sieht in ihr auch die Jungfrau Isis, die Verschleierte. Es geht um Mysterien, die nur durch innere Offenbarung enthüllt werden können. Sie ist sowohl verborgen als auch offenbarend zugleich.
  • Weitere Decks: In anderen Tarot-Decks wird die Hohepriesterin oft in ähnlicher Weise dargestellt, doch mit verschiedenen Schwerpunkten: Manche zeigen sie als Mondgöttin, andere als Weise oder Seherin, die Zugang zu okkultem Wissen hat. In jeder Darstellung bleibt jedoch die Verbindung zu Intuition, Mysterien und verborgenem Wissen erhalten.

Korrespondenzen:

  • Element: Wasser – steht für Emotionen, Intuition und das Fließen von Gefühlen und Wissen.
  • Planet: Mond – symbolisiert Zyklen, Weiblichkeit und das Unterbewusstsein.
  • Sternzeichen: Krebs – verbindet die Hohepriesterin mit Sensibilität, Fürsorglichkeit und intuitivem Wissen.
  • Numerologie: Die Zahl Zwei steht für Dualität, Balance und das Zusammenspiel zwischen Gegensätzen.
  • Mythologie: Isis, Persephone, Hekate – Göttinnen, die mit Mysterien, Weisheit und den Übergängen zwischen Welten verbunden sind.

Stellung innerhalb des Decks:

Die Hohepriesterin steht an zweiter Stelle der großen Arkana und symbolisiert den Schritt nach der Begegnung mit dem Magier, der aktive Schöpferkraft repräsentiert. Sie ist die passive, empfangende Kraft, die das Wissen des Universums bewahrt. Während der Magier das Bewusstsein und die Manipulation der Welt symbolisiert, ruht die Hohepriesterin in der Stille und der Weisheit, die jenseits des Rationalen liegt. Sie bildet die Brücke zwischen den Welten des Sichtbaren und des Unsichtbaren, des Tages und der Nacht.

Boas und Jachin: Der salomonische Tempel

Die Säulen Boas und Jachin sind zentrale Symbole in der westlichen esoterischen und mystischen Tradition, vor allem in der Kabbala und Freimaurerei. Sie stehen vor dem Eingang des Salomonischen Tempels und repräsentieren die dualen Kräfte, die in der Schöpfung und im Bewusstsein des Menschen wirken. Die Deutung dieser Säulen reicht tief in die Mystik und symbolisiert eine Balance und ein Wechselspiel von Kräften, die zu innerem Wachstum und Verständnis führen können.

  1. Boas (die linke Säule) – Diese Säule wird traditionell als die dunkle, feminine Säule betrachtet und steht für den passiven, aufnehmenden und intuitiven Aspekt des Seins. In der Kabbala wird sie oft mit dem Sefirot Binah verbunden, was Verständnis und die strenge, formgebende Kraft bedeutet. Boas repräsentiert das Prinzip des Empfangens, der Dunkelheit und der Materie. Es ist eine Kraft, die tiefe innere Reflektion und Reife erfordert.
  2. Jachin (die rechte Säule) – Diese Säule wird als die helle, maskuline Säule betrachtet und symbolisiert den aktiven und ausdrucksstarken Aspekt. Sie wird oft mit dem Sefirot Chesed oder Chokmah (Weisheit) verbunden, das kreative und expansive Prinzip. Jachin steht für Schöpfung, Licht und Aktion. Diese Säule verkörpert also das Prinzip des Gebens, der Energie und der Schöpfung.

In der Kombination stehen Boas und Jachin für die Polarität, die die Existenz durchdringt – das Männliche und Weibliche, das Aktive und das Passive, das Licht und die Dunkelheit. Das Durchschreiten zwischen diesen Säulen symbolisiert einen Schritt zur Einheit und zum Verstehen der höheren Mysterien.